Die Gin-Welle ist auch während der Corona-Krise nicht abgeebbt. Auf der Spitze der Welle reiten mitunter immer wieder tolle Neuentdeckungen mit. Dazu zählen wir den Schönbuch Premium Dry Gin aus Baden-Württemberg. Hier sind die oft gepriesene handwerkliche Herstellung und die Liebe zum Detail spürbar in das Produkt eingeflossen. Um im Bilde des Flaschen-Etikettes zu bleiben, ist der Schönbuch Gin eher der scheue Hirsch im Walde, dessen Entdeckung ein wenig mehr Geduld und Mühe erfordert.
Inhaltsverzeichnis:
Herkunft und Geschichte
Herstellung und Botanicals
Design und Flasche
Geruch und Geschmack
Verkostungsnotiz
Unser Fazit
Interview mit den Gründern
Herkunft und Geschichte
Der Schönbuch gehört wohl zu den bundesweit weniger bekannten Naturräumen, wenngleich es sich um den ältesten Naturpark in Baden-Württemberg handelt. Der Schönbuch Gin stammt aus einer kleinen Destille in Waldenbuch, eine Kleinstadt im süd-östlichen Landkreis Böblingen und rund 20km südlich von Stuttgart. Der Schönbuch Gin ist erstmals 2019 über die Region hinaus bekannt geworden und testet sich eher langsam aus dem lokalen Umfeld heraus.
Der Brennereimeister Theodor Pfannenschwarz (rechts auf dem Bild) arbeitet seit 1995 als Fruchtsafttechniker in verschieden Betrieben und Länder. Im Jahr 2003 übernahm er dann den elterlichen Betrieb. In dem neben der Geschichte mit Fruchtsäften und Erfrischungsgetränke noch die Brennerei ein wichtiges Standbein ist. 2004 machte er die Ausbildung zum Destillateur an der Uni Hohenheim. Zusammen mit Otto Neff, der als selbständiger IT Berater als Full Stack Application Architect und Developer arbeitet, haben sie den Schönbuch Gin auf die Beine gestellt.
Herstellung und Botanicals
Sicher ist jedenfalls der starke lokale Bezug, der sich im Namen Schönbuch Gin, im Herstellungsort Waldenbuch und in den Botanicals manifestiert. Insgesamt werden 17 Botanicals verwendet. Neben dem obligatorischen Wacholder zählen dazu Zitrone, Ingwer, Koriander und Angelikawurzel. Zu den vorgenannten Klassikern unter den Gin-Botanicals gesellen sich noch Schokominze und Wermutkraut. Damit bleiben vorerst 10 Botanicals ungenannt und bieten somit unter Gin-Fans Raum für Spekulationen. Auf Bildern, die mutmaßlich die Mazeration darstellen, sind zumindest noch Tannenzapfen zu erkennen. Die Botanicals werden zum größten Teil selbst in der Region geerntet.
Destilliert wird auf einer kleinen Anlage mit Kupferkessel, aus der pro Batch nicht mehr als 180 bis 200 Flaschen abgefüllt werden können. Entsprechend ist auf dem rückseitigen Flaschenetikett auch die Batch- und Flaschennummer vermerkt.
Design und Flasche
Abgefüllt wird auf eine braune 0,5 Liter Apothekerflasche. Die Füllmenge, Flaschenform und –farbe ist durchaus keine Besonderheit mehr im deutschen Gin-Markt, unterstreicht aber immer noch die besondere Wertigkeit des Produktes. Auch der Verschluss mit einem Naturkork ist wertig und hebt die Vorfreude auf den Inhalt. Auf dem Frontlabel wacht ein Hirsch mit stolzer Brust vor der Silhouette der Schönbucher Tannen. Der Name Schönbuch Gin ist in goldfarbener Schrift und kleinen Buchstaben aufgedruckt und mit dem kalligraphischen Untertitel „Handcrafted – Unfiltered – Small Batch“ versehen. Dazu noch die lebensmittelrechtlichen Angaben zu Füllmenge und Alkoholgehalt. Abgeschlossen wird das Ganze mit drei liegenden Hirschstangen. Eine Hirschstange ist auch auf dem Wappen der Stadt Waldenbuch zu finden. Ob hier ein Zusammenhang besteht, ist allerdings unbekannt. Aufmachung und Design sind solide und angemessen. Die Flasche unterstreicht die Wertigkeit des Inhalts, stiehlt ihm aber nicht die Show.
Geruch und Geschmack
Im Glas ist die Wacholdernote natürlich äußerst präsent, was dem Gin-Freund natürlich das Herz höher schlagen lässt. Daneben präsentiert sich der Schönbuch Gin aber erstaunlich erfrischend, was auf die Schokominze und die Zitrusnoten zurückzuführen sein sollte. Auch das Wermut und der Koriander grüßen die Nase deutlich vernehmbar. Insgesamt an der Nase sehr angenehm, ein echter Gin, der auf ein ausgewogenes Aromaprofil setzt. In Konsistenz der Flüssigkeit am Glase wirkt authentisch und unterstreicht durch die leichte Öligkeit den qualitativen Herstellungsprozess.
Am Gaumen liegt der mit 47% vol eher hochprozentige Gin sehr mild und angenehm. Geschmacklich sind Wacholder und Harz vernehmbar die ersten Assoziationen. Die Schokominze bringt frische Nuancen und wohl auch einen Hauch Kakao ins Profil. Trotz der Zitrone unter den Botanicals kann man den Schönbuch Gin wirklich nicht als zitruslastig bezeichnen. Auch die Schärfe der Ingwer ist allenfalls als leichte Nuance vernehmbar. Dominant sind vielmehr die Schokominze und eine leicht harzige Süße. In der Summe eine runde, gut abgestimmte Mischung von Botanicals, die dem Schönbuch Gin ein eigenständiges Profil verleihen.
Verkostungsnotiz
In der Nase:
Der typische Wacholder London Dry Gin Geruch gefolgt von einer sehr leckeren Komposition aus vielschichtigen Blüten- und Kräuternoten.
Auf der Zunge:
Mild mit einer leichten Süße. Kernig harzigen Wacholdernote, sticht die Schokominze mit ihren Kakaoaromen angenehm hervor. Ein Hauch Zitrone verstärkt das außergewöhnlich frische Gefühl. Die klassischen Gewürze wie Koriander und Angelika runden das Geschmacksprofil gekonnt ab. Im Abgang ist der Schönbuch Gin durch die Minzel anganhaltend frisch. Der Ingwer verleiht ihm außerdem eine leichte Schärfe. Den Nachhall dominiert aber dennoch die Schokominze.
Als Gin Tonic:
Zum Schönbuch Gin passt wunderbar das blaue Fever Tree Mediterran Tonic Water oder Black Forest Tonic von Bad Liebenzeller Mineralbrunnen aus dem Schwarzwald zusammen. Als Garnish empfehlen wir Schokominze.
Unser Fazit
Der Schönbuch Gin stammt aus Baden-Württemberg. Dort kann man einer alten Imagekampagne zu Folge alles außer Hochdeutsch. Im Bereich Deutscher Gin haben sich aus dieser Region jedenfalls einige namhafte Platzhirsche entwickelt. Flasche und Alkoholgehalt wecken da durchaus Assoziationen, ob beabsichtigt oder nicht, sei mal dahin gestellt. Der Schönbuch Gin überzeugt aber mit eigenen Werten. Diese bestehen aus einem eigenständigen Geschmacksprofil und einem bodenständigen Auftritt. Der Gin verspricht nichts, was er nicht auch halten kann. Der Schönbuch Gin ist das, was man sich unter „Handcrafted“ und „Small Batch“ vorstellt, aber leider viel zu oft schon zur reinen Floskel verkommen ist.
Interview mit den Gründern
Wo wird Euer Schönbuch Gin destilliert?
“Auf unserer Destille, die den Namen Erna trägt! Hier destillieren wir unseren Gin in einem 12 stündigen schonenden Verfahren in verschiedenen Temperaturbereichen. So entziehen wir z.B. früh morgens der Verbene ihr Zitrusaroma und am Abend unserer Minze den Schokogeschmack. Über den Tag entlang haben wir ständig interessante Noten in der Brennerei die am Abend zu diesem perfekten Destillat kombiniert werden.”
Was verbindet Euch, der Schönbuch und euren Gin?
“Waldenbuch und der Schönbuch drumherum ist der Ort an dem wir leben, aufgewachsen und geboren sind. Im Schwabenland bzw. Ländle kennt man sich und die Perfektion unserer Produkte zu konzentrieren. Es sind viele emotional behaftete Dinge wie bestimmte Kindheitserinnerungen, Gerichte und die Art wie wir unser Leben genießen und feiern. Es sind Momente wie im Frühling, wenn man tief durch den Wald im Naturpark Schönbuch geht und fern ab und die ganzen Gerüche wahrnimmt auf die auch unser Gin abzielt.”
Quellen:
Zwei Jahre tüfteln für den perfekten Geschmack von Claudia Barner, 14.02.2020, Stuttgarter Zeitung
Link zum Hersteller: Schönbuch Gin