Wer trinkt nicht gerne ein kleines Schnäpschen? Doch was steckt eigentlich hinter dem Ritual und welche Geschichte haben die Kurzen und Shots? Wir haben in diesem Beitrag die wichtigsten Informationen rund um den Schnaps im Miniatur-Format gesammelt, so dass Sie bei nächster Gelegenheit mit ein paar Fakten protzen können.
Shot-Glas – woher kommt das kleine Glas?
Laut dem Oxford Englisch Dictionary taucht der Begriff „Shot Glass“ nachweislich das erste Mal im Jahr 1940 in der New York Times auf. In kleinen Gläsern werden Whisky, Rum oder ähnliche Branntweine aber bereits seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts serviert.
Erst nach der Prohibition haben sich in den USA allmählich die kleinen Gläser mit einem dicken Boden und einem stabilen Rand durchgesetzt und die zuvor üblichen dünnwandigen und zerbrechlichen Gläser verdrängt. Shot bedeutet im englischen nicht nur Schuss, sondern auch Schlag. Aus der Tatsache, dass man ein „Shot Glass“ auf einen Schlag leeren konnte, ergibt sich eine Erklärung für die Bezeichnung der Gläser.
Eine etwas romantisierende Erklärung liefert die Legende von den unglücklichen Cowboys. In den weiten der Prärie gab es weder Feind noch Vieh. Die Cowboys ohne Bargeld konnten eine Patrone aus ihrem Gürtel im Saloon gegen eine kleine Menge Schnaps eintauschen. Aus dem Tauschverhältnis ein „Schuss“ gegen einen „Schnaps“ entwickelte sich die Bezeichnung „Shot“ für einen Kurzen.
Eine weitere Legende, deren Wahrheitsgehalt schwer zu prüfen ist, behauptet, dass der Name des „Shot-Glass“ auf die Gläser aus dem Jenaer Glaswerk Schott zurückgeht. Die Glasfabrik wurde 1884 in Jena gegründet und exportierte ab dem späten 19. Jahrhundert tatsächlich Gläser in die USA, allerdings keine Shot-Gläser im heutigen Sinne. Es ist unklar, auf welchen Hersteller die moderne Form des Shot-Glases zurückgeht.
Kurze – das ritualisierte Betrinken in Gesellschaft
Eine soziologische Betrachtung des Kurzen fällt nicht leicht, denn schließlich sind dessen Konsumenten keine einheitliche Gruppe und die Bedeutung des kleinen alkoholischen Getränks hat sich unter dem Vorzeichen einer spaß- und konsumorientierten Gesellschaft stark gewandelt.
Ein klassischer Erklärungsansatz über die Herkunft des Shot, dessen Wurzeln in einer verklärten Romantik aus Wildem Westen und Cowboys liegen, ist wenig hilfreich. Denn der Alltag von Cowboys gilt als entbehrungsreich und karg. Selbst in den ohnehin kaum ernstzunehmenden Western Komödien wird niemals das Bild einer umfangreichen Auswahl an Spirituosen nachgezeichnet. In den Saloons des Wilden Westens wurden Shots also aus gänzlich anderen Gründen getrunken, als man dies heute tun würde.
In Deutschland leitet sich der „Kurze“ vom Herrengedeck ab, welches in weiten Teilen West-, Nord- und Ostdeutschlands in diversen lokalen und regionalen Varianten mit unterschiedlichsten Bezeichnungen bereits seit den 1920er Jahren existiert. Das Herrengedeck ist eine Kombination zweier alkoholischer Getränke, welches in einem großen („Langer“) und einem kleinen („Kurzer“) Glas serviert wurde. Meist handelte es sich hierbei um Bier (Pils, Altbier, Kölsch) und Korn oder Kräuterlikör.
Das klassische Herrengedeck bestellt der Arbeiter nach getaner Arbeit in seiner Stammkneipe. Dieses Trinkritual war noch bis weit in die 1970er Jahre, in der DDR gar bis zur Wendezeit, eine durchaus gepflegte Gewohnheit. Doch das Bild des abgearbeiteten Biertrinkers am Tresen vermittelt wenig von den gesellschaftlichen Ritualen, welche heute im Zusammenhang mit dem Trinken von Kurzen gesehen werden.
Seit den 1990er Jahren hat sich die Soziologie des Kurzen deutlich gewandelt. Der „Kurze“ hat sich seitdem von seinem eigentlichen Inhalt verselbstständigt. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Vielfalt an Produkten in den 0,02 Liter Fläschchen deutlich angestiegen ist. Wurden zu Beginn nur die Klassiker der Herrengedecke und Digestive (Underberg, Kuemmerling, Jägermeister,…) in den kleinen Flaschen abgefüllt, werden seit Ende der 1980er Jahre immer mehr Liköre in den Miniaturflaschen feilgeboten. Ermöglicht hat diese Vielfalt an Miniaturflaschen erst die kostengünstige industrielle Produktion der kleinen Gefäße, deren Herstellung und Befüllung aus ökonomischer und ökologischer Sicht kaum vertretbar erscheint.
Der „Kleine Klopfer“ oder der „Kleine Feigling“ sind erste Marken, die explizit auf ihre Größe anspielen. Es kommt gar nicht mehr darauf an, was sich in der Flasche befindet. Die Herstellung von Getränkebehältnissen aus Kunststoff ermöglicht neue Formen für Kurze, welche an eine Spritze, Zündkerze, Miniatur-Toilette oder an ein Spermium erinnern. Wie die Formen lösen sich auch die Namen von den eigentlichen Inhalten ab. Nicht mehr Kräuter oder Geschmacksrichtungen sind Namensgeber, sondern reine Phantasie-Bezeichnungen, die nicht selten eine eher derbe Vulgärsprache bedienen. Diese sexuelle Emanzipation des „Kurzen“ ging nicht ohne Reibung von statten. Erinnert sei an dieser Stelle nur an die gerichtliche Auseinandersetzung, ob ein Likör den Namen „Ficken“ tragen darf. (Beitrag verlinken)
Der Tabu-Bruch wird zum Geschäftsmodell – der stilvolle Genuss zu einem lustigen Spaß in geselliger Runde. Diese Form des modernen Kurzen gipfelt in Partyspielen wie dem Looping Louie und in PET-Flaschen, die leicht und auch dort erlaubt sind, wo die Menschenmassen ein Glasverbot erforderlich machen. Hinzugetreten sind Trinkspiele, ob von den Herstellern selbst entwickelt oder nur adaptiert, welche das Trinken des Kurzen zu einem gruppendynamischen Ritual werden lassen. Das „Vortrinken“ – eine in den 1950er und 1960er Jahren noch gänzlich unbekannte Freizeitbeschäftigung – wird von den Kurzen in vielerlei Hinsicht geprägt. Vom Inhalt der Flaschen hat sich der Kurze fast vollständig gelöst und findet seine Bedeutung heute weitgehend im ritualisierten Betrinken in Gesellschaft.
Der Kurze hat sich dank der Miniaturabfüllungen zum idealen Begleiter für Gruppen jeder Art und für Events zu vielen Anlässen entwickelt und ist ein wichtiger Bestandteil der modernen Spaßgesellschaft geworden. Eine Ironie des Schicksals ist es wohl, dass der Shot inzwischen sogar in Patronenform an einem Einweg-Gürtel hängend angeboten wird. Mit diesem Zirkelschluss in Form eines Patronengürtels schließen wir die Soziologie des Kurzen.