Whisky außerhalb von Schottland
Während einige eingefleischte Fans schottischer Single Malt Whiskys bereits bei Irish Whiskey die Nase rümpfen und sich mit den charaktervollen Destillation der grünen Insel nicht anfreunden können, gibt es für experimentierfreudige Freunde des "Wasser des Lebens" inzwischen auch auf dem europäischen Festland einige Brennereien, die bereits seit einiger Zeit Whisky herstellen, der sich hinter schottischem Whisky nicht verstecken muss. Hierzu zählt die inzwischen berühmte Slyrs Brennerei aus dem bayrischen Schliersee, die von uns bereits im Zusammenhang mit deutschen Craft Spirits im Blog erwähnt wurden. Die erste Single Malt Brennerei Bayerns trägt bereits seit einigen Jahren dazu bei, dass deutscher Whisky auch im Ausland geschätzt wird und erfreut sich stetig wachsender Beliebtheit.
Auch außerhalb von Deutschland gibt es Brennereien, die bereits seit längerem erfolgreich Whisky in familiengeführten Betrieben produzieren und sich damit nicht nur unter Anhängern der Craft Spirits Szene zahlreiche Freunde gemacht haben. Ein Beispiel für ein erfolgreicher Familienunternehmen, das bereits seit gut zwanzig Jahren ausgezeichneten Whisky, Gin und Obstbrände produziert, ist das der Familie Reisetbauer aus Österreich.
Vom Obsthof zur Brennerei
Bereits seit 1956 ist der Hof in Axberg in der Nähe von Linz im Besitz der Familie Reisetbauer. Mitten in dem für Obstbau bekannten Gebiet, umgeben von Apfel- und Birnenbäumen, entschieden sich 1994 die Inhaber Hans und Julia Reisetbauer sich dazu von traditioneller Landwirtschaft zu verabschieden und den gemeinsamen Bauernhof zu einer der modernsten Brennereien Österreichs umzubauen. Trotz der neuen Ausrichtung des familiengeführten Hofs berücksichtigt die Familie Reisetbauer dennoch nicht die natürlichen Ressourcen, die ihnen die umliegende Natur bietet und stellt die Familie aus den Äpfeln und Birnen der Region inzwischen ausgezeichneten Obstbrand her.
Hans Reisetbauer neben einem Apfelbaum.
(Bild: Reisetbauer)
Um den Obstbrand höchster Qualität zu gewinnen erfolgt das Maischen und Vergären der Früchte unmittelbar nach ihrer Ernte. Die nach traditionellem Verfahren in Kupferkesseln gebrannten Obstbrände sind rein natürlich und verzichten über den Zusatz von Aromen oder Zucker, der bei vielen Produzenten minderwertiger Obstbrände verwendet wird um für einen besseren Geschmack zu sorgen. Neben klassischen Obstbränden wie Apfel oder Birne stellt die Familie Reisetbauer mit der Hilfe von aktuell 11 Mitarbeitern auch ausgefallene Brände wie Schlehdorn, Weichsel und Ingwer her, die durch die überwältigende Vielfalt ihrer Nuancen begeistern, die ihrer aufwendigen Produktion geschuldet sind.
Blue Gin aus Österreich
Der Gedanke eines Gins, der nicht aus England oder, in seltenen Fällen, aus Schottland kommt ist für viele bereits seit einigen Jahren kein absolutes Novum mehr. Neben Deutschland, das Herkunftsland mehrerer international prämierter Gins ist, produzieren auch Frankreich, Spanien und sogar Italien Gin, der sich unter den Freunden der Wacholder Spirituose großer Beliebtheit erfreut. Bei der Destillation des Blue Gin von Reisetbauer vertraut die Familie auf die Weizensorte "Mulan", die wunderbar auf den Feldern Oberösterreichs gedeihen kann. In 300 l Kupferkesseln wird im Pot-Still-Verfahren doppelt destilliert wodurch der Blue Gin aus Österreich bereits Ausdruck gelebten Handwerks ist.
Hans Reisetbauer vor Kupferkesseln in seiner Brennerei.
(Bild: Reisetbauer)
Bei der Mazeration werden die Aromen der insgesamt 27 Botanicals besonders schonend herausgelöst und im Getreidealkohol des Blue Gin konserviert. Neben Wacholder als prägnantestes Botnical des Blue Gin werde bei der Mazeration exotische Zutaten wie Zitronenzesten, Kurkuma, Angelikawurz, Koriandersamen und Süßholzwurzeln aus insgesamt 14 Ländern eingesetzt. Mit reinem Quellwasser aus der Region, das besonders kalk- und natriumarm ist, wird der Blue Gin im Anschluss auf seine Trinkstärke von 43 % Volumenalkohol herabgesetzt ohne die bei der Mazeration herausgelösten Aromen der Botanicals zu verwässern oder zu verfälschen.
Single Malt Whisky aus Oberösterreich
Beim Reisetbauer Whisky wird ausschließlich gemälzte Gerste verwendet, was ihn auf dem ersten Blick nicht zwangsläufig von schottischem Whisky unterscheidet. Während schottischer oder irischer Whisky allerdings meist in Sherry- oder Portweinfässern lagert, entschied sich Hans Reisetbauer nach längerer Überlegung dazu gebrauchte Barriquefässer von Winzern aus der Umgebung zu verwenden in denen zuvor Chardonnay und Trockenbeerenauslesen lagerten. Wie auch bei den Sherry- oder Portweinfässern, die bei der Produktion schottischer und irischer Whiskys Verwendung finden, gehen die im Holz festgesetzten Aromen im Prozess der Lagerung in den Whisky über und verschaffen ihm sein vielfältiges Geschmacksportfolio.
Für ihren Single Malt Whisky erntete die Familie Reisetbauer erstmals 1995 ihr auf einem vier Hektar umfassenden Feld Sommerbraugerste, die in einer angrenzenden Mälzerei besonders schonend gemälzt, im Anschluss bei 65° C gemaischt und im Anschluss heruntergekühlt und rund 70 Stunden in Edelstahltanks vergoren wurde. Die vergorene Maische wurde zuerst im Rauhband-, danach im Feinbrandverfahren in Kupferkesseln destilliert und mit rund 71 % Volumenalkohol in die gebrauchten Barriquefässer gefüllt. Neben einem 7 Jahre gelagerten Single Malt Whisky produziert die Familie Reisetbauer auch einen 12 Jahre gelagerten Single Malt Whisky, der nicht nur in Punkto Lagerung schottischem Whisky in Nichts nachsteht, sondern auch regelmäßig bei Tastings Höchstnoten bekommt.
12 Jahre gelagerter Single Malt Whisky der Familie Reisetbauer vor einem ihrer Barriquefässer.
(Bild: Reisetbauer)